Allzu oft werden die Begriffe Gewährleistung und Garantie synonym verwendet. Leider. Die Unterschiede sind weitreichend. Wann ein Gewährleistungsfall und wann ein Garantiefall vorliegt, erfährst du bei uns.
Gewährleistung: Gesetzliche Regelungen, die weiterhelfen
Obwohl der Begriff Gewährleistung im allgemeinen Sprachgebrauch vorherrschend ist, spricht man richtigerweise besser von Mängelhaftung. Geregelt ist diese in § 437 BGB.
Vorliegen eines Sachmangels oder Rechtsmangels
Voraussetzung für einen Gewährleistungsfall / Mängelhaftungsfall ist zunächst, dass ein Sachmangel oder ein Rechtsmangel vorliegt. Von einem Sachmangel nach § 434 BGB spricht man zusammenfassend, wenn eine Differenz von Ist- und Sollbeschaffenheit vorliegt.
Konkret liegt ein Sachmangel vor,
- wenn die Sache bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist gemäß § 434 I BGB.
- wenn sich die Sache nicht für die laut Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, § 434 I Satz 2 Nr. 1.
- wenn die Sache nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und die Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und vom Käufer erwartet werden darf nach § 434 I Satz 2 Nr. 2.
- wenn die Montage durch den Verkäufer oder dessen Erfüllungsgehilfen unsachgemäß durchgeführt wird oder die Montageanleitung selbst mangelhaft ist gemäß § 434 II BGB.
- wenn eine andere Sache oder eine zu geringe Menge geliefert wird nach § 434 III BGB.
Ein Rechtsmangel, legaldefiniert (im Gesetz selbst definiert) in § 435 BGB, liegt vor, wenn Dritte in Bezug auf die Sache Rechte gegen den Käufer geltend machen können, ohne dass dies beim Kauf vereinbart worden ist.
Gefahrübergang & Beweislastumkehr
Entscheidend ist, dass der festgestellte Sach- oder Rechtsmangel bereits bei Gefahrübergang vorlag. Dieses juristische Termini meint nichts anderes, als das Übergehen des Risikos der Verschlechterung oder des Verlust der geschuldeten Sache vom Schuldner auf den Gläubiger (Verbraucher). Definiert ist der Gefahrübergang in §§ 446, 447, 474 II BGB.
Eines vorab: Die Annahme vieler Kunden, dass innerhalb der 2-jährigen Gewährleistungszeit mangelhafte Artikel zwingend vom Verkäufer zurückgenommen werden müssen, ist nicht zutreffend. Nach einem halben Jahr greift eine Beweislastumkehr. Im ersten halben Jahr nach Gefahrübergang wird zugunsten des Kunden vermutet, dass der aufgetretene Mangel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag, § 476 BGB. Nach dem ersten halben Jahr trifft die Beweislast allerdings den Käufer. Dieser Nachweis gestaltet sich oft schwierig.
Ist ein Sach- oder Rechtsmangel gegeben und gelingt der Nachweis, dass dieser bei Gefahrübergang vorlag, hat der Käufer nach § 437 BGB folgende Optionen:
- Nacherfüllung verlangen gemäß § 439 BGB
- Rücktritt vom Vertrag erklären, §§ 440, 323 und 326 V BGB
- Minderung fordern, § 441 BGB
- Schadensersatz gemäß §§ 440, 280, 281, 283 und 311a bzw. Ersatz vergeblicher Aufwendungen nach § 284 BGB verlangen
Primäranspruch: die Nacherfüllung
Wichtig: Gewährleistungsansprüche müssen gegenüber dem Händler, nicht dem Hersteller geltend gemacht werden.
Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer vom Verkäufer zunächst ausschließlich Nacherfüllung verlangen gemäß § 439 BGB.
Konkret kann der Käufer wählen zwischen
- Neulieferung einer mangelfreien Sache oder
- Beseitigung des Mangels.
Verweigern kann der Verkäufer die Nacherfüllung nur, wenn diese ihm unzumutbar ist.
Wie kann ich als Kunde Nacherfüllung verlangen?
Wichtig ist zunächst, dem Verkäufer den Mangel anzuzeigen.
Nötig ist, dem Verkäufer eine angemessene Frist zu setzen. Was angemessen ist, bemisst sich nach dem Einzelfall. Der Verkäufer muss in jedem Fall eine realistische Möglichkeit haben, seine Nacherfüllungsspflicht umzusetzen. Eine Frist von 2 Wochen ist in den meisten Fällen angemessen.
Was tun, wenn der Verkäufer nicht reagiert?
Kommt der Verkäufer seiner Nacherfüllungspflicht nicht oder nur in unzureichendem Maße nach, ergeben sich Sekundäransprüche. Der Käufer kann dann Minderung verlangen, den Rücktritt vom Vertrag erklären oder Schadensersatzansprüche geltend machen.
Wichtig ist, Sekundäransprüche schriftlich geltend zu machen.
Achtung! Gewahrt ist die Schriftform beim Versenden eines Faxes oder Briefes, nicht jedoch beim Senden einer E-Mail. Es empfiehlt sich generell, einen Brief als Einwurfeinschreiben zu versenden, um leichter den Nachweis führen zu können, dass ein Zugang des Schriftstücks beim Verkäufer erfolgt ist.
Die Vorteile einer Garantie
Garantieansprüche existieren parallel zu Mängelhaftungsansprüchen bzw. Ansprüchen aus Gewährleistung. Ansprüche aus Gewährleistung ergeben sich, wie wir gelernt haben, aus dem Gesetz. Voraussetzung ist das Vorliegen eines Sach- oder Rechtsmangels.
Garantieleistungen hingegen werden freiwillig von Händlern oder Herstellern zugunsten von Kunden übernommen. Garantiert wird die Funktionsfähigkeit eines Elektrowerkzeugs, -geräts o. ä. während eines festgelegten Zeitraums. Auf die Beschaffenheit desselben zum Kaufzeitpunkt kommt es im Rahmen der Garantie nicht an, der Kunde ist nicht in der Beweispflicht. Die Garantiebedingen legen Hersteller oder Händler höchstselbst fest.
Ausgeschlossen sind in der Regel Garantieleistungen, wenn der Kunde selbst die Funktionsbeeinträchtigung des erworbenen Geräts verursacht hat oder eigenhändig Reparaturversuche unternommen hat. Zumeist werden Garantien für einzelne Bauteile eines Elektrogerätes übernommen. Oftmals währen Garantieansprüche länger als die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche, die 2 Jahre (bei Gebrauchtwaren teils auch 1 Jahr) betragen.
Insbesondere nach Verstreichen des ersten halben Jahres nach dem Kauf ist es oft einfacher, Garantieansprüche geltend zu machen, da kein Nachweis von Seiten des Kunden (Stichwort: Gefahrübergang) vonnöten ist.
Zusammenfassung: Wo mache ich welche Ansprüche geltend?
Geltend gemacht werden Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Verkäufer, bei dem das mangelhafte (Elektro-)Gerät erworben worden ist. Grundlage ist ein Kaufvertrag.
Garantieansprüche hingegen werden gegenüber demjenigen geltend gemacht, der freiwillig Garantieleistungen übernommen hat (auf Grundlage eines Garantievertrages). In der Regel ist dies der Hersteller. Im Einzelfall auch der Händler.